Cyrano von Bergerac

„Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand

Der Dichter, Edelmann und Abenteurer Cyrano de Bergerac ist durch seinen Lebenswandel, seinen spöttischen Witz und kritischen Geist ebenso bekannt geworden wie durch sein Gesicht, aus dem eine überlange Nase hervor sticht. Er verliebt sich in seine Cousine Roxane. Die jedoch zieht ihm den schönen und dummen Christian de Neuvillette vor, der im selben Regiment wie Cyrano dient. Da er selbst nicht in der Lage ist, einen Liebesbrief zu verfassen, bittet er Cyrano um Hilfe. Dem fällt es leicht, die Gefühle für sie in Worte zu fassen, da seine Liebe zu ihr echt ist. Roxane verliebt sich in die Briefe und damit in Christian, den sie für deren Schöpfer hält.

Christian fällt im Krieg und Cyrano wird schwer verwundet. Roxane zieht sich in ein Kloster zurück. Als sie merkt, dass sie in ein Phantom verliebt war und Cyrano die wahre Liebe ihres Lebens war, ist es zu spät.

 

Akt II - Siebte Szene

Le Bret:
Geschickt pariert!
Hast dich mal wieder in die Klemme manövriert!

Cyrano:
Ach du, Le Bret! Du brummst schon wieder!

Le Bret:
Fein!
Du richtest dir dein eigenes Scheitern ein.
Das ist verrückt!

Cyrano:
Dann bin ich halt verrückt!

Le Bret:
Du selbst verhinderst, dass dir je was glückt!

Cyrano:
Um dem Prinzip als Beispiel zu genügen,
Gefällt der Wahnsinn mir; ich müsste lügen!

Le Bret:
Mit dieser Derbheit, dem Draufgängertum
Zerstörst du dir schon vorher jeden Ruhm!

Cyrano:
Was soll ich tun in Zukunft, bitte sehr?
Nen Mächtgen suchen, der mein Werk verehrt?
Nen reichen Gönner, der mich protegiert?
Vor einem kriechen, der mich finanziert?
Und soll ich diesem dann die Stiefel lecken,
Und mich sprichwörtlich nach der Decke strecken?
Nein danke! Das hat grade noch gefehlt,
Dass mir ein „Gönner“ meinen Stolz verhehlt.
Das Wort von einem solchen hat noch nie getaugt.
Hat er die Kraft dem Künstler ausgesaugt
Durch Lügen, Mätzchen oder Lobeslieder,
Lässt er ihn fallen und stützt ihn nie wieder.
Soll ich von denen wohl den Speichel trinken,
Soll ich vor solchen Geistern niedersinken,
Nur um Fortuna gnädig mir zu stimmen?
Soll ich mein Werk - wie all die fleißgen Immen
Den guten Honig - jemand anders schenken,
Der sich mit fremden Ringen schmückt, mit meinem Denken,
Der sich der Geisteskraft der andren brüstet,
Der schwadroniert und kalkuliert, verwüstet?
Nein danke! Ich bin ein Poet, ein Dichter,
Der die durchaus nicht braucht, die sich zum Richter
Der Kunst und Künstler selbst erkoren haben.
Nein! Zwischen uns gähnt ein gar tiefer Graben;
Unüberwindbar, voll mit schalem Wasser,
Das man den Zeitgeist nennt. Ich bin ein Hasser
Von der verlogenen Galanterie,
In solchem Kreis bewege ich mich nie,
Wo Schreiberlinge in illustrer Runde
Tun trefflich der Phalanx nichts sagend Kunde.
Nein! Wer es sich mit niemandem verdirbt,
Wer um des Financiers Gunst sich bewirbt
Und sich mit heuchlerischen Madrigalen
Verbiegt, wird nie ein Dichter, sintemalen
Der wahre Dichter nicht den Bückling kennt,
Mit dem er vollends sich ein Kriechtier nennt.
Soll ich mich in der Stümper Schar einreihen?
Und der Verwertbarkeit mein Kunstwerk weihen?
Soll mir dies Opfer gar die Basis geben,
Ein Leben ohne Ehrlichkeit zu leben?
Die Wahrheit, frei von jeglichem Kalkül
Beschert allein der Poesie Gefühl.
Soll ich verzichten, Bittgesuche schreiben?
Oh danke, nein! Das lass ich lieber bleiben.
Doch singend durch die stillen Wälder streifen,
Den Hut im Nacken, die Gedanken reifen,
In dankbarer Bewundrung der Natur,
Die sich in einem reinen Wesen nur,
Der Blume, einem Schmetterling, dem Vogel zeigt.
Ja! Ja! Und nochmals ja! Dem bin ich zugeneigt.

Le Bret:
Ja, sicher, doch alleine gegen alle!
Welch Teufel lockte dich in diese Falle,
Von einem Herzen in so heißer Brust,
Das sich nur Feinde schafft - und zwar mit Lust.

Cyrano:
Ich hab erlebt, was gute Freunde machen,
Wie schwach auch sie, wenn alle andren lachen,
- Zumindest lächelnd - ihre Lippen kräuseln
Und honigsüße Unwahrheiten säuseln.
Ich sehe lieber selten meine Freunde,
Indes begrüß mit Lust ich: neue Feinde!

Le Bret:
Was für ein ausgemachter Blödsinn!

Cyrano:
Sonnenklar!
Mein Fehler, meine Schwäche, es ist wahr:
Gehasst zu werden - das ist mir bewusst -
Erfüllt mit Gram mich und mit wilder Lust.
Mein Lieber, du kannst nicht wie ich genießen,
Wenn dir aus Augen böse Feuer schießen,
Wie Flecken auf dem Wams der Neider Galle,
Der Feigheit Aderlass, der Missgunst Kralle,
Geschärft wie neue Degen, laden zum Duell;
Dagegen ist die Freundschaft nur Gebell,
Das dich umgibt wie steife Spitzenkragen,
Die tun, als könnten sie den Schädel tragen,
Ist nichts als reine Farce und ohne Zweck;
Und wenn sie fällt, kippt auch der Schädel weg.
Doch Hass lässt deinen Hals im Kragen schwellen,
Erhebt die Stirn dir, lässt zum Kampf dich stellen.
Die Freundschaft, die verwöhnt und macht dich süchtig.
Doch Feindschaft stärkt und macht den Kämpfer tüchtig.

Le Bret:
Wahr weiter deinen Stolz, dein Hohngesicht,
Doch sag mir schon, Roxane liebt dich nicht.

Cyrano:
Schweig still!

(...)

© Hartmann & Stauffacher

 

Gastspiel des Landestheater „Burghofbühne”:
Cyrano mit der langen Nase überzeugte Löwenpublikum

Der Titel ließ schon erahnen, daß der Dienstagabend, 20. Mai, kurzweilig und amüsant zugleich verlaufen würde. Fast alle Besucher des Theaterstücks „Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand kannten die Handlung des meistgespielten Stücks der französischen Theaterliteratur nur zu gut.
(...)
Der langnasige Dichter, Edelmann und Abenteurer Cyrano de Bergerac (verkörpert von Stefan Kleinert) wußte gekonnt das Publikum mit den Versen in seinen Bann zu ziehen.
Die von Anna Cron übersetzten und bearbeiteten Texte bargen an einigen Stellen aufgrund sprachlicher Finessen und individueller Wortspielerei interessante Abwechslung.
(...)
Daß Cyrano de Bergerac, dessen Gedichte die wunderschöne Roxane glauben ließ, den smarten Beau Christian zu lieben, die seinerseits Angebetete letztlich nicht ehelichen konnte, ist bekannt. Doch bis zu dieser Schlußszene boten alle Beteiligten unter der Regie von Hanfried Schüttler eine sehenswerte Vorführung.

maf - Bergische Landeszeitung, 04.06.1998

Anna Cron